Jürgen Sprenzinger ist ein Buchautor aus Augsburg, der sein Geld mit solchen Briefen verdient!
Wenn Ihr spaß am Lesen habt, davon gibts etliche auf Google

Die Beste Antwort ever kam aber von Microsoft
Jürgen Sprenzinger
Friedenstraße 7a
86179 Augsburg
Fa.
Microsoft GmbH
Edisonstraße 1
85716 München
20. September 1995
Sehr geehrte Damen und Herren,
immer schon wollte ich einen Computzer haben mir nie einen leisten
können. Jetzt habe ich ein paar Jahre gespart und bin ein sogenannter
User. Der Verkäufer hat mir einen Benzium 90 verkauft, der sei sehr
schnell, hat er gesagt. Der könnte angeblich schneller rechenen als
mein Taschenrechner. Aber so schnell braucht der garnicht sein, weil
ich habe ja Zeit genug.
Aber ich schreibe Ihnen deshalb, weil ich Sie wirklich loben muß. Ich
hab mir nämlich dieses neue Windows 95 dazu gekauft. Also ich muß Ihnen
sagen, das hat mich echt umgehauen. Ja so ein tolles Programm! Es ist
wirklich beeindruckend, was Ihrem Chef da alles eingefallen ist.
Dieser Gill Bates ist ein toller Hecht. Der muß ja einen Kopf haben
wie ein Elefant.
Ja wie kann man sich denn sowas ausdenken? Sagen Sie ihm bitte einen
schönen Gruß von mir, wenn Sie ihn sehen. Und sagen Sie ihm, daß ich
ein Fan von ihm bin, obwohl er Amerikaner ist. Aber ich bin überhaupt
nich ausländerfeindlich.
Ich war ganz fasziniert, weil man da ja kaum mehr eine Tastatur dazu
braucht. Alles läuft da mit dieser Maus. Was mich allerdings verwirrt,
ist der Umstand, daß diese Maus zwei Knöpfe hat, wo doch meistens nur
der linke davon funktioniert. Ich nehme an, daß der rechte der
Reserveknopf ist, falls der linke kaputtgeht. Aber da werde ich schon
noch dahinterkommen. Auf dieser Maus steht übrigens auch Microsoft
drauf. Und wieviele Fenster man da aufmachen kann! Ich habe
zwischenzeitlich schon 8 Fenster auf einmal aufgemacht, und eins war
schöner und bunter wie das andere. Ich bin auch draufgekommen, daß man
diese Fenster groß und klein machen kann und auf dem ganzen Bildschirm
rumfahren kann damit. Das finde ich schon saupraktisch.
Ich habe meinen Computer jetzt zwei Tage und habe mir gedacht, ich
schreibe gleich den ersten Brief an Sie, weil das für mich auch eine
gute Übung ist. Ich habe dazu so ein Tintenschreibdruckgerät, der
sogar farbig drucken tät, wenn man da eine farbige Tintenhülse
reintäte. Der Verkäufer wollte mir eine aufschwätzen. Aber das ist mir
momentan zu viel Geld.
Ich nehme an, daß Ihr Chef an diesem Programm weiterprogrammiert und
möchte mich jetzt schon vormerken lassen für nächstes Jahr für Windows
96. Bitte senden Sie mir Unterlagen zu. Vielleicht hat Ihr Chef noch
andere Programme auf Lager, die täten mich auch intressieren,
jedenfalls wäre es nett, wenn ich was von Ihnen hören würde. Ich kaufe
Ihnen wahrscheinlich auch was ab.
Für Ihre Mühe herzlichen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Sprenzinger
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Firma
Datentechnik
Herrn Jürgen Sprenzinger
Friedenstraße 7a
86179 Augsburg
Unterschleißheim, 11.10.95
PJ/hae
Ihr Schreiben vom 20.09.95
Sehr geehrter Herr Sprenzinger,
Herzlichen Dank für Ihr nettes Schreiben zu Windows 95; es wird meinen
Mitarbeitern und mir lange in Erinnerung bleiben, so viel Freunde hat
es uns bereitet. Wir bekommen täglich Tausende von netter Schreiben,
aber Ihres war besonders lieb.
Ich darf Sie im Namen der Microsoft GmbH nicht nur im Kreis der
sogenannen User 1) begrüßen; nein, Ihr Wissen macht es unabdingbar,
Sie auch in den elitären Kreis der Microsoft Insider aufzunehmen. Nur
wenigen Menschen ist es vorbehalten, die Wahrheit über unseren Chef zu
erfahren: Er heißt nämlich wirklich Gill Bates. Nur durch eine breit
angelegte Pressekampagne - Sie können sicherlich nachvollziehen, was
die Presse bewirken kann - war es möglich, der Software-Gemeinde
vorzugaukeln, daß er Bill Gates heißt. Kann ja auch gar nicht sein,
denn sonst wären beide Namen rechlich geschützt, oder? Wie haben Sie
das nur rausbekommen?
Ich soll Sie übrigens recht herzlich von Gill grüßen. Er freut sich
über jedes nette Schreiben zu Windows 95, und er möchte auch jedes
persönlich beantworten, aber leider sind das halt sehr, sehr viele.
Übrigens hat er eigentlich einen normal großen Kopf, obwohl da tüchtig
was rein geht. Er ist aber deshalb so erfolgreich, weil da auch
ordentlich was raus kommt.
Gill hat sich besonders über Ihre Ausführungen zur Microsoft Mouse
gefreut - ja, Sie haben recht, es ist die Reservetaste. Es kommt aber
noch eine weitere Funktion hinzu. Wenn man öfters zwischen der linken
und rechten Maustaste und gleichzeitig zwischen Mittelfinger und
Zeigefinger abwechselt, dann kommt es viel seltener zu den in
Anwenderkreisen gefürchteten Mausfellfingerentzündungen (tbu 2)). An
diesem Problem haben wir in unseren Usability-Labs 3) jahrelang
gearbeitet, und das Ergebnis ist die rechte Schontaste der Maus, in
Fachkreisen kurz DRStDM genannt.
Zum Abschluß möchten wir Ihnen noch einen gesundheitlichen Rat geben.
Jetzt, wo es "herbstelt" und der Winter quasi vor dem Windows steht,
machen Sie besser nie mehr als 6 Fenster gleichzeitig auf - man holt
sich schnell einen Zug.
Weil wir Ihr Schreiben so nett finden, schicken wir Ihnen mit
seperater Post ein Windows[tm] Shirt zu, weil wir sicher sind, Sie
werden viel Freude damit haben.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Jäckels
Director
End-User Sales & Marketing
PS: Bei Ihren Ausführungen zu "Benzium 90" wußten wir lange nicht, was
Sie meinen. Aber wir haben es rausgekriegt. Sie meinen sicherlich
Bentzium 19 von Indel. Das haben mir meine Kollegen aus Nürnberg
erklärt.
1) Wer nachweisen kann, daß er mindestens 3 Jahre Windows-Erfahrung
hat, den Text des Rolling Stones Song "Start me Up" auswendig singen
und mehr als 12 Fenster gleichzeitig bedienen kann, der wird von
Microsoft vom User zum Power-User befördert. Das ist so, wie eine
Beförderung vom Gefreiten zum Obergefreiten. Aber ich bin überhaupt
kein Militarist! Wer einen Kurs besucht, der kann sogar zum MCM werden
- Microsoft Certified Mouser.
2) to be understood
3) das sind kleine, beheizte Zimmer, wo Anwender u.a. den ganzen Tag
auf die Maustasten drücken, um zu sehen, wann die Maus schlapp macht.
Aus: Sehr geehrter Herr Maggi
Jürgen Sprenzinger
Knaur Verlag
ISBN 3-426-73051-0